Sie sind die Stars der deutschen Politik. Sie stehen im Rampenlicht der öffentlichen Aufmerksamkeit. Sie sind die Trendsetter im politischen Diskurs. Deutschlands Populisten. Doch warum gerade sie? Warum stehen gerade Seehofer, Gauland & Co. im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit? Was haben sie, das andere Politiker nicht haben? Und was können diese von Deutschlands Populisten lernen?
Seehofer, Gauland & Co. haben die Zeichen der Zeit erkannt und, viel wichtiger, richtig gedeutet. Der von einfacher Facebook-Grammatik verwöhnte Deutsche ist längst über die Verwendung von ganzen Sätzen hinweg. Das haben die etablierten Parteien auch erkannt, nur Deutschlands Alternativ-Politiker jedoch schienen zu erkennen, dass auch die Verwendung eines weniger abstrakten Wortschatzes die gewünschte Wirkung erzielt. „Zeit für mehr Gerechtigkeit“ – „Gerechtigkeit“ – Ein Wort unter dem sich der Deutsche gerade nach fast 20 Jahren CDU-Regierung eher schlecht etwas vorstellen kann – außerdem viel zu abstrakt. Substantive, vor allem solch komplizierte, sind bei der Slogan-Wahl tunlichst zu vermeiden. Am besten einfache Verben, die idealerweise im Imperativ stehen. „Trau dich, Deutschland!“ Angenehmer Nebeneffekt für die Alternativ-Politiker ist hierbei, dass sich der stolze Deutsche durch die direkte Adressierung geschmeichelt fühlt. Und außerdem – wenn es darum geht, sich größer zu machen als man ist, sind die Deutsche traditionell gerne mit vorne dabei. Dieses Modell für einen erfolgreichen Wahlkampf fand auch in anderen Ländern – diesseits und jenseits des großen Teichs – ebenso erfolgreich Anwendung.
Was Deutschlands Populisten noch mehr von Deutschlands Establishment unterscheidet, ist ihr Hang zu Skandalen. Keine allzu großen. Nicht vergleichbar mit der CDU-Spendenaffäre, doch groß genug um sich für einige Tage oder idealerweise Wochen in den Schlagzeilen zu halten. Seehofer, Gauland & Co. wissen sehr wohl, dass sowohl die deutschen Medien als auch die Deutschen selbst Skandale brauchen. Erstere des Profits wegen und letztere, um sich hin und wieder über „die da oben“ aufzuregen. Wieder schlagen Deutschlands Populisten mehrere Fliegen mit einer Klappe. Sie machen sich zur Volksdroge und damit medial unentbehrlich; sie schaden außerdem den anderen Politiker, deren Thron sie zu erklimmen suchen und die aus Sicht des Deutschen ebenfalls Verantwortung an dem Skandal haben.
Bestes Beispiel ist Horst Seehofer. Der Tausendsassa im Kabinett Merkels, der Regierungs- und Oppositionsarbeit in einem zu bewältigen scheint. Eine Welle der Empörung erfasste die Nation, als er bei einer Pressekonferenz seine Freude darüber kundtat, dass ausgerechnet an seinem 69. Geburtstag 69 Asylbewerber nach Afghanistan abgeschoben wurden. Wie so oft wurden Rücktrittsforderungen laut, die ihn, natürlich auch dank seines über Jahre hinweg aufgebauten dicken Felles, unbeeindruckt ließen. Eine einfachere Dementierung der Vorwürfe, gefolgt vom obligatorischen Medien-Bashing, schon ist der Skandal aus der Welt, jedoch nicht, ohne seinen Verursacher wieder eine Woche ins Zentrum der medialen und öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken. Dass der eigentliche Skandal nicht seine Äußerung war, sondern die Tatsache, dass Asylsuchende in ein Land zurückgeschickt werden, aus dem fast wöchentlich neue Nachrichten über Anschläge mit hunderten Toten zu uns gelangen, ist dabei ein zusätzlicher praktischer Nebeneffekt für den deutschen Spitzenpolitiker.
Deutschlands Populisten sind unbequem, doch sie sind inzwischen einfach nicht mehr weg zu denken. Denn was wäre Deutschland ohne sie? Einfach nur eine ganz normale Industrienation, die die wichtigen Themen wie Klimawandel, soziale Ungerechtigkeit daheim und in der Welt, sowie den Weltfrieden ins Zentrum ihres Diskurses und ihrer Politik stellen könnte…