#FridaysForFuture – Eine Generation wehrt sich Ein sehr persönlicher Kommentar

„Wir lernen nicht für eine zerstörte Zukunft!“ Mehrere zehntausend Schüler schwänzten am 18. Januar auf der ganzen Welt die Schule.  Der „Schulstreik fürs Klima“, den Greta Thunberg vor fast einem halben Jahr allein vor dem Schwedischen Parlament in Stockholm begann, ist eine weltweite Bewegung geworden. Es ist gerade die Generation, der man so oft fehlendes Engagement und Interesse für Politik und Gesellschaft vorwirft, die nun zu Tausenden in dutzenden Ländern weltweit auf die Straße geht und für den Klimaschutz, für  ihre Zukunft demonstriert. Wenn diese zehntausend Schüler auch tatsächlich Schlagzeilen bekommen, so halten sich das mediale und vor allem das politische Interesse für FridaysForFuture eher in Grenzen. Lieber wird über das Streikrecht von Schülern diskutiert und ob der Begriff „Streik“ in diesem Kontext überhaupt angebracht ist. Es scheint fast als hat man die junge Generation nicht oder noch nicht verstanden. Mit „man“ meine ich eine „ältere“ Generation. Die Generation, deren hochrangige  Vertreter an den Schalthebeln für des Klimaschutzes sitzen, diese aber nicht richtig oder gar nicht nutzen.

Es ist – wie Sie vielleicht bemerkt haben – äußerst schwierig für mich, bei dieser Thematik eine für Journalisten eigentlich notwendige, professionelle Objektivität zu wahren. Denn eben dieser jungen Generation, die nun den Klassenzimmern fern bleibt, um für ihre Zukunft zu demonstrieren, gehören unsere Redaktion und somit ich an. Auch wir waren unter den mehr als 30.000 Schülern, die am 18. Januar auf Deutschlands Straßen demonstrierten. Wir haben unsere Klassenzimmer verlassen und haben mit über 70.000 anderen Schülern weltweit die Politiker dieser Welt zum Handeln gegen den Klimawandel aufgerufen. Doch so sehr mich persönlich das Verzagen voriger Generationen empört, so sehr teile ich die Auffassung Greta Thunbergs, dass der Klimawandel nur Hand in Hand bekämpft und womöglich teilweise aufgehalten werden kann. Ich möchte nun deshalb in diesem etwas anderen Kommentar versuchen, die Hintergründe und Motivationen für das Engagement unserer Generation darzustellen.

 

Über 1000 Schüler und Studenten demonstrierten am 18. Januar allein in Tübingen

Einige der vorangegangen Unterstellungen mögen vielleicht etwas pauschal gewesen sein. Aber es ist nun einmal mein persönlicher Eindruck, dass mit FridaysForFuture bereits ein großer Schritt getan wurde, der Bewegung aber in Politik und Öffentlichkeit noch nicht die Bedeutung einer politischen Bewegung beigemessen wird. Darin liegt meiner Ansicht nach auch ein Kern des jugendlichen Protests:

 

Unsere Generation wehrt sich

Zum Einen wehrt sie sich gegen ein über die Jahre hinweg entstandenes, unterschwellig in der Gesellschaft vorherrschendes Vorurteil, dass Jugendliche weder eine Meinung zu politischen Themen noch Interesse daran hätten. Dies mag zum Teil zwar zutreffen, rührt allerdings hauptsächlich von der grundsätzlichen Abneigung unserer Generation gegenüber komplexer Zusammenhänge. In anderen Worten: Wir sind faul geworden; wir beziehen unsere Informationen am liebsten möglichst kurzgefasst, mit möglichst wenig Buchstaben, am besten über audio-visuelle Kanäle. Aber eine Meinung und Interesse haben wir trotzdem, auch wenn wir es manchmal selbst nicht merken. Wir merken, wenn etwas schief läuft. Im Gespräch mit vielen meiner gleichaltrigen Bekannten und Freunden hab ich tatsächlich (oft überrascht) festgestellt, dass sich viele gerne politisch engagieren würden und das auch wenn sie zu den vermeintlich weniger gut Informierten gehörten.

Greta Thunberg war allein schon in dieser Hinsicht ein Vorbild. Natürlich hat sie sich fast schon ihr ganzes Leben mit der Problematik des Klimawandels beschäftigt, aber sie hat unserer Generation, ja eigentlich der gesamten Menschheit gezeigt, dass es nicht viel mehr braucht als Entschlossenheit und Mut, um etwas zu erreichen und – wie sie es selbst formulierte – man „nie zu klein ist, um einen Unterschied zu machen“.

 

Es geht um unsere Zukunft, die Zukunft der Menschheit

Ein Gefühl, das ich in Bezug auf das Versagen der Menschheit zum Beispiel beim Klimawandel auch bei mir oft beobachten konnte, ist das Gefühl der Ohnmacht. Das Gefühl, trotz fester Entschlossenheit nichts verändern zu können. Tausende Jugendliche werden dieses Gefühl gehabt haben; auch Greta Thunberg, die vor Beginn ihres Schulstreiks sogar unter Depressionen litt. Doch ebenso hat sich Greta Thunberg und mit ihr eine ganze Generation von diesem Gefühl der Ohnmacht befreit, indem sie dem Gefühl und ihren Forderungen durch ihren Schulstreik Ausdruck verliehen haben. Unsere Generation wehrt sich gegen das ihr von früheren Generationen auferlegte Schicksal, die erste Generation zu sein, die die vollen Ausmaße des Klimawandels erleben wird, denn wir sind gleichzeitig auch die letzte Generation, die noch etwas tun kann, um diese Ausmaße zu begrenzen.

Ich sollte das Bild von den „früheren Generationen“ jedoch nicht zu einseitig zeichnen, denn FridaysForFuture ist mehr als nur die Emanzipationsbewegung einer jüngeren Generation gegenüber einer älteren. Viele Erwachsene, Eltern und sogar Lehrer unterstützen den Schulstreik und nehmen aktiv daran teil. Die streikenden Schüler kämpfen nicht gegen diese älteren Generationen, sondern vielmehr für zukünftige Generationen. Es geht um unsere Zukunft, die der Menschheit. Das Problem sind nicht ältere Generationen, es ist vielmehr die aktive und passive Unterstützung eines Systems, das ein „Weiter so!“ unterstützt und einen Wandel verhindert, ja nahezu unmöglich macht. Gerade deshalb wird der Protest durch einen Schulstreik zum Ausdruck gebracht, weil mit diesem Tabubruch an einer entscheidenden Stelle im System angesetzt wird. Wenn nämlich jeder dort etwas verändert, wo er kann, dann ist schon viel getan. Die Schule, heimliches, wenn auch vernachlässigtes Heiligtum der Gesellschaft, ist ein solcher Ort; ein Ort, der junge Menschen auf ihre Zukunft vorbereitet. Eine Zukunft, die sie bis jetzt nicht beeinflussen konnten und die durch den Klimawandel gänzlich verändert sein wird. Wir wehren uns gegen diese Zukunft.

Der Klimawandel ist in erster Linie ein gesellschaftliches Problem. Veränderungen müssen deshalb auch von der Gesellschaft ausgehen. Deshalb hat es lange gedauert bis er in die Politik gefunden hat, wo er wiederum auch nur zum Zankapfel zwischen politischen Lager geworden ist. Dabei geht es beim Klimawandel nicht um links und rechts, liberal und konservativ, nicht um Wirtschaft, nicht einmal um Krieg und Frieden; es geht um den Schutz unserer, einzigen Erde. Es geht um unsere Existenz. Das muss jedem Politiker, jedem Menschen klar werden, so dass der Schutz unserer Erde und ihrer einzigartigen Vielfalt vor dem menschgemachten Klimawandel höchste Maxime jeglichen politischen Handelns wird. Denn – um mit den Worten Greta Thunbergs zu schließen – „wenn ein paar Kinder Schlagzeilen überall auf der ganzen Welt bekommen, nur indem sie nicht zur Schule gehen, dann stellt euch vor was wir alles zusammen erreichen könnten, wenn wir nur wirklich wollten.“

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