Schöne Aussichten? – Die Hessenwahl Kommentar

Mit dem Endergebnis der Bayernwahl zeigt sich, dass die ehemaligen Volksparteien circa ein Fünftel der Wählerschaft verloren haben. Dieser Trend zeigt sich auch in Hessen wo die Union den 20% immer näher kommt und die SPD auf Kurs Richtung 10% ist. Profitieren können die Rechtspopulisten der AfD aber vor allem die Grünen. Im Hessen hat die schwarz-grüne Landesregierung unter dem Merkel-Vertrauten Bouffier den neuesten Umfrage ihre Regierungsmehrheit knapp verloren, und das wegen der CDU. Und auch die SPD verliert, wenn auch nicht so stark, die Sozialdemokraten kommen nur noch auf 21%.

Die Hessenwahl könnte genau wie die Bayernwahl von großer Bundespolitischer Tragweite sein, denn wenn die CDU zu schlecht abschneidet könnte das den Rückhalt Merkels in der Union ernsthaft gefährden und damit ihre Wiederwahl auf dem CDU-Wahlparteitag Anfang Dezember. War also die Abwahl Volker Kauders gegen den Willen der Kanzlerin der Anfang vom Ende der Ära Merkel? Die ja weithin als „Kanzlerwahlverein“ verschriene CDU entdeckt gerade die innerparteiliche Demokratie wieder. Doch würden die Delegierten es wagen am Stuhl der Kanzlerin zu sägen oder sie sogar zu stürzen? Die Partei könnte Merkel zwar abwählen aber aus Mangel an Alternativen erscheint das dann doch unwahrscheinlich. Und der Unmut der CDUler scheint noch nicht groß genug um Merkel wirklich gefährlich werden zu können. Allerdings hat uns die Union ja in letzter Zeit schon einmal überrascht, tut sie das wieder?

Aber zurück nach Wiesbaden, welche Möglichkeiten der Regierungsbildung gäbe es? Die Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition wäre Bouffier und Merkel wahrscheinlich am liebsten, denn es Hessen bliebe in CDU-Hand ohne, dass diese eine zu große Niederlage eingestehen müsste. Da es aber für eine solche Koalition höchstwahrscheinlich nicht mehr reicht müsste die FDP ins Boot geholt werden was den Grünen allerdings nicht sonderlich schmecken würde. Eine andere Möglichkeit wäre eine Ampel aus Grünen, SPD und FDP, dass diese von einem SPD-Ministerpräsidenten angeführt werden würde ist aber bei weitem nicht mehr sicher, denn die Grünen holen auf. Außerdem hat sich FDP-Chef Lindner schon gegen eine solche Koalition ausgesprochen. Die Größten bundespolitischen Konsequenzen hätte höchstwahrscheinlich aber eine Koalition links der Mitte, Rot-Grün-Rot oder Grün-Rot-Rot.

Rein Rechnerisch hätte diese Koalition eine knappe Mehrheit, damit könnte eine solche Regierungsbildung erheblichen Einfluss auf Berlin nehmen. Für die CDU wäre ein wichtiges Bundesland verloren und für Merkel ein wichtiger Verbündeter. Mit dem Niedergang der Hessischen CDU wäre Merkels Position massiv geschwächt und eine Überraschung in Hamburg immer wahrscheinlicher. Aber auch für die SPD wäre es ein Signal, gerade der linke Flügel hätte bewiesen, dass Wahlen auch links von der Mitte gewonnen werden können, der Kurs von Andrea Nahles würde in Frage gestellt und die Gegner der GroKo würden wieder auftauchen und zwar mit dem „wir haben es ja gesagt“-Argument. Wenn sich die SPD dann zur Halbzeit der Legislaturperiode aus der Großen Koalition zurückzieht ist wieder alles offen. Sicher ist nur eines, es kommen spannende Zeiten auf uns zu.

Schreibe einen Kommentar
Ähnliche Artikel
Mehr lesen

Nicht verhandelbar Warum eine Einigung bei den Brexit-Verhandlungen nahezu unmöglich ist

Diese Woche stimmt das britische Unterhaus zum dritten Mal über Theresa Mays Deal zum EU-Austritt Großbritanniens ab. Sollte der Deal erneut keine Mehrheit erhalten, würde das zu der Katastrophe eines No-Deal-Brexits mit all seinen Folgen kommen. Doch nicht nur die Fehlentscheidungen der Premierministerin, auch die grundsätzliche Haltung vieler Abgeordneter haben dazu geführt, dass Entscheidung über den Brexit nach über zwei Jahren noch nicht gefallen ist. Ein Kommentar über die Gründe für das Brexit-Chaos…
Mehr lesen

Todesfalle Lesbos

Ein Ausbruch des Coronavirus in den überfüllten und schlecht versorgten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln wäre verheerend. Werden die Geflüchteten nicht umgehend evakuiert, befinden sie sich in einer Todesfalle, kommentiert Yannis Mühlstraßer.