Preiskampf in der Coronakrise

Bild: 12019 auf Pixabay (Pixabay Licence)

Erst ein warmer Winter und dann Corona: keine Pendlerströme mehr, Flugzeuge am Boden und Fabriken stehen still, wegen der Pandemie bricht die weltweite Nachfrage nach Öl und damit der Preis für das schwarze Gold ein. Experten rechnen damit, dass dieses Jahr zum ersten Mal seit 2009 der Ölbedarf der Welt zurückgeht. 

Der Kurs des Ölpreises im letzten Monat. Grafik: OilCrudePrice.com

Um die Preise wieder anzuheben schlug die OPEC ihrem bisherigen Verbündeten Russland deshalb eine Verknappung des Angebots vor. So sollte die Reduktion der Fördermenge um 2,1 Millionen Barrel pro Tag bis Ende 2020 weitergeführt und eine zusätzliche Kürzung um 1,5 Millionen Barrel vorgenommen werden. Doch Russland hat sich dem Plan verweigert und damit seine dreijährige Allianz mit dem Kartell gebrochen.

Die Organization of the Petroleum Exporting Countries ist ein 1960 von mehreren Erdöl fördernden Staaten gegründetes Kartell mit dem Ziel, den Ölpreis auf dem Weltmarkt im Sinne der Mitgliedstaaten zu beeinflussen. Die Mitgliedsstaaten der OPEC waren zuletzt für etwa 40% des weltweit geförderten Erdöls verantwortlich und besitzen geschätzt etwa drei Viertel der weltweiten Erdölreserven.

Die Mitgliedsstaaten der OPEC. Karte: Das Hochformat

Russlands Ziel: verlorene Marktanteile zurückerobern. Denn 2018 hatten die USA mit ihrem Fracking-Öl Saudi Arabien und Russland überholt und waren auf den ersten Platz geklettert. Doch die Ölförderung in den USA ist wesentlich teurer als in Russland, amerikanische Firmen haben deswegen hohe Schuldenberge angehäuft und brauchen einen höheren Ölpreis als die Russen. Bei zu niedrigen Preisen muss die amerikanische Konkurrenz also die Produktion herunterfahren oder kann sich sogar gar nicht mehr über Wasser halten. Und eben nicht nur die Erdölunternehmen, auch deren Banken sind in Bedrängnis, Kursverfälle von mehr als 20% sind keine Seltenheit. 

Wenn es aber gegen die USA geht, warum dann die Allianz mit den Saudis und der OPEC brechen? Ganz einfach, Saudi Arabien braucht wie die USA einen relativ hohen Ölpreis, außerdem sind die beiden enge Verbündete. 

Der saudische Staat braucht einen Ölpreis von etwa 80 Dollar pro Barrel Öl um seine Ausgaben zu decken, Russland dagegen etwa die Hälfte, also 42 Dollar um ausgeglichene Staatsfinanzen zu haben. Auch macht das Öl für Russland nur 37% der staatlichen Einnahmen aus, wohingegen Saudi Arabien sich zu fast 65% aus dem Verkauf des schwarzen Goldes finanziert. So hat die saudische Regierung jüngst von allen Behörden verlangt, Pläne für die Einsparung von 20% des jährlichen Budgets zu erarbeiten, denn Riad hat schon seit dem Preisverfall von 2014 einen defizitären Haushalt.

Die Saudis haben auf den Bruch der Allianz bereits mit Kampfpreisen ihrerseits reagiert und so einen “price war” begonnen. Sie haben ihren Ölpreis gesenkt, die Förderung massiv erhöht und demonstrativ alle Gesprächsangebote ausgeschlagen.

Russland ist schon länger gegen die Preispolitik der OPEC, die indirekt den Energieboom in den USA ermöglicht hat. Denn das texanische Fracking-Öl auf dem Weltmarkt nur so Wettbewerbsfähig, weil die OPEC den Ölpreis hochgehalten hat. Der Versuch der amerikanischen Energiebranche die Luft zum Atmen zu nehmen kann auch als eine Antwort auf die kürzlich von Washington verhängten Energiesanktionen gegen Russland gelesen werden. Das US Energieministerium sprach in einer Stellungnahmen von “staatlichen Akteuren”, die versuchen würden die Ölmärkte zu “manipulieren und schocken”.

Um die Preise wieder auf ein einigermaßen normales Niveau anzuheben müssten Moskau und Riad sich verständigen, Russlands Energieminister Alexander Novak sagte, “die Tür ist nicht zu”, man sei gesprächsbereit. Doch eine für Montag geplante Videokonferenz ist nun auf Donnerstag verschoben worden. Und das, obwohl Russlands Präsident Putin zuletzt versöhnlichere Töne angeschlagen hatte. Sollte Moskau in diesem Konflikt aber nicht nur seine Macht demonstrieren wollen, sondern die Situation voll ausnutzen, so müssen sich alle Beteiligten auf einen langen und verlustreichen Kampf einstellen.

Die Verlierer dieser Preisschlacht sind jetzt schon klar, es sind alle Öl exportierenden Länder. Russland, Saudi Arabien und die USA werden zwar Geld verlieren, viel heftiger wird es aber kleinere Länder, wie den Jemen oder Aserbaidschan treffen. Auch Norwegen, Europas größter Ölproduzent, ist betroffen, so fiel die Norwegische Krone bereits auf historische Tiefstände gegenüber dem Euro. Profitieren können von dem niedrigen Preis aber diejenigen, die das Öl kaufen, namentlich China und die Europäische Union.

Ähnliche Artikel